Pura Vida liebe LeserInnen!

Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht. 21 Tage, also drei Wochen, bin ich schon bald hier, aber es fühlt sich an wie nichts. Wenn man mir heute sagt, ich sei erst gestern angekommen würde ich dem hunderprozentig zustimmen. Denn ich habe immer etwas zu tun. Mir ist praktisch nie langweilig und falls sich bei mir doch einmal erste Anzeichen von Langeweile anschleichen, gehe ich entweder mit Sergio Basketball spielen, in die Stadt, ich gehe mit meiner Schwester spazieren oder ich spiele mit ihr Karten. Also selbst wenn ich nichts zu tun habe, habe ich etwas zu tun. Und sollte es tatsächlich einmal passieren, dass wirklich niemand aus meiner Familie gerade Zeit hat, habe ich immer noch die Möglichkeit mir die Zeit mit Spanisch lernen zu vertreiben.

Wenn ich gerade keine Lust auf Spanisch habe und ich gerne Deutsch hören bzw. sehen würde, kann ich ja auch einfach meine ersten Postkarten schreiben. Drei habe ich schon zu Papier gebracht, aber ich muss sagen Postkarten zu schreiben ist wirklich nicht lustig. In Wirklichkeit hat man hunderttausend Ideen, und möchte am liebsten einen vierseitigen  Brief schreiben (zumindest bei mir ist das so), dann hat man aber nur so eine A6 Seite zur Verfügung. Weil das Problem ja noch nicht groß (oder eben klein) genug ist, meinen diese Leute die solche Karten herstellen, man bräuchte eine halbe Seite für die Adresse. Da gibt es also diese eh schon wnizigen Kärtchen die so groß sind wie eine A6 Seite. Die Hälfte kann man beschreiben. Perdón, könnte man beschreiben, aber diese aberwitzigen Kartendrucker meinen sie müssen auch noch sämtliche Randnotizen oder Ränder auf diese Karte drucken. Denn nein eine halbe A6 Seite ist nicht klein genug! „Wir brauchen weniger Platz es könnte ja tatsächlich jemand etwas sinnvolles auf diese Karte schreiben wollen.“ Nein zurück zur Wirklichkeit. Ich habe also weniger als eine halbe A6 Seite Platz um einen vier seitigen Brief zu schreiben. An dieser Stelle möchte ich mich herzlichst und ausgiebigst bei allen Karten-Leidern, ähh Karten-Lesern entschuldigen, denn ich habe. Noch nie. In meinem gesamten Leben nicht. So KLEIN geschrieben. Ich habe auf dieses kleine Stückchen Papier mehr Wörter gepresst, als gut ist. Man sollte es lesen können, zumindest kann ich das jetzt noch, aber ich habe vollstes Verständnis für alle, die Hilfe beim Entziffern brauchen. Diese Hilfe werde ich gerne, auf welchem Weg auch immer, zur Verfügung stellen, nur zurück komme ich noch nicht. Ein gutes hat das ganze aber doch. Eine Frohbotschaft habe ich nämlich an alle Postkartenempfänger: Ich habe in Druckschrift geschrieben. Hätte ich das nicht getan könnte es vermutlich nicht einmal ich mehr lesen. Abschließend zu diesem Thema möchte ich noch einmal betonen, dass es mir sehr leid tut, ich aber hoffe, dass alle trotzdem die ganze hineingequetschte Information bekommen können und ich dem ein oder anderen auch ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann.

Von letzter Woche schulde ich euch noch eine Schilderung meines Tages am Strand. Ein sehr abenteuerlicher Ausflug, wie sich herausgestellt hat. Ich bin also um 4:30 aufgestanden, habe das erste Mal (sehr zu meinem Wohlwollen) keine kalte Dusche genommen.

Apropos kalte Dusche, entschuldigt bitte, dass ich meinen Reisebericht schon so am Anfang unterbreche, aber das muss jetzt leider sein. Ich weiß nicht wie intensiv ich das hier im Blog geschildert habe, also nochmal kurz zur Erläuterung. Wir haben hier im Haus kein warmes Wasser. Weder zum Händewaschen, noch zum Duschen. Mich macht das total fertig, denn ich zittere jedes Mal so schlimm unter diesem kalten Wasser und doch muss ich mich jeden Tag aufs neue überwinden. Aber der Grund warum ich dieses Thema genau jetzt aufgreife ist, weil ich eine Verbesserung spüre. Das Wasser ist noch immer genauso kalt, aber, und jetzt kommt der schöne Teil, mein Körper scheint sich allmählich daran zu gewöhnen. Wenn ich zurückdenke wie lange es bei meiner ersten Dusche gedauert hat, mich zu waschen und ich das zu heute vergleiche, ist es viel besser geworden. Es ist immer noch ein bisschen ein Überwindung und ich kann es immer noch nicht ausstehen, aber es geht schön langsam, es ist nicht mehr ganz so schlimm. Ich zittere auch bei weitem nicht mehr so stark. Wenn es nicht gerade 5:30 in der Früh ist, zittere ich sogar gar nicht mehr. Das ist mir auch aufgefallen, dass es am Wochenende, wenn ich später aufstehe und es daher schon etwas wärmer ist, wesentlich angenehmer ist. Angenehm nicht im Sinne von „schön und angenehm kalt“, angenehm ist wohl das falsche Wort, aber sagen wir es ist erträglicher.

Aber zurück zum Reisebericht, wir sind also um 4:30 aufgestanden und um kurz vor 5 außer Haus um den Bus zum Strand zu nehmen. Vorerst: wir sind Sandro, meine Gastmama und ich. Unter Bus dürft ihr euch keinen normalen Linienbus, wie wir ihn in Österreich haben, vorstellen, die gibt es hier zwar auch, aber mit Bus meine ich in diesem Fall größerer Kleinbus, wenn ihr versteht was ich meine. Das ist also so eine Art großer Kastenwagen mit Platz für insgesamt zwölf Leute und den Fahrer. Die Fahrt war vorerst nichts Besonderes. Ich habe die ganze Zeit geschlafen, obwohl es wirklich eng war und mir mehrmals meine Beine eingeschlafen sind. Dann ist aber doch noch etwas passiert, ein, wie mir nachher erzählt wurde, offensichtlich betrunkener Fahrer hat unseren Bus gestreift. Diese Aktion also von Notbremsen, über Polizei holen, Unfall abklären bis Weiterfahren hat uns über eine Stunde gekostet. Ich habe nur so viel mitbekommen, dass wir irgendwann einmal sehr abrupt und sehr unsanft stehen geblieben sind und lange nicht weitergefahren sind. Den Rest, und das muss ich ehrlich zugeben, habe ich schlicht und ergreifend sowie im wahrsten Sinne des Wortes verpennt. Während alle anderen in hellster Aufregung waren, die Unfallstelle und die beiden Wagen inspiziert haben, bin ich durch das Träumeland geschlendert und habe mich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Es war auch erst 5:30 und lange noch keine Zeit aufzustehen, nur zu meiner Verteidigung. Aber die Reise geht weiter, ich habe auch die nächsten Stunden schlafend verbracht, bis wir irgendwann an einer Raststätte angehalten haben. Eigentlich wollte ich nur mein Nickerchen zu Ende bringen und am Strand ankommen, aber die anderen hatten etwas mit mir vor, so überredeten sie mich schließlich richtig aufzuwachen und aufzustehen. Was für eine Überwindung. Draußen lag immer noch der kalt-frische Morgen in der Luft, mir fröstelte leicht, zum Glück sind wir einen beheizten Souvenir-Shop gegangen der Nicht-Einheimischen wie mir ein nie zu kaltes und nie zu heißes Plätzchen sichert. Wir schauten uns ein wenig um. Mein Blick wanderte umher auf der Suche nach irgendetwas, das ich vielleicht als kleines Souvenir zurück nach Österreich bringen kann. Da nahm das Unglück seinen Lauf. Mein Blick fiel auf einen Kartenständer. Einen Kartenständer mit Postkarten. Ich glaube, das habe ich im oberen Teil schon mehr als genug erläutert, darauf will ich gar nicht genauer eingehen und ich denke, dass könnte ich auch gar nicht ohne den Verstand zu verlieren, also lassen wir das lieber. Ich kaufte also sieben von diesen verdammten Dingern, die mich dazu verdammen klein und schön und viel auf wenig Platz zu schreiben. Weiter ging die Fahrt. Keine fünf Minuten später habe ich schon wieder geschlafen. Nach nicht mehr allzu langer Fahrt kamen wir endlich an. Es war mittlerweile 8:30 und ich einigermaßen ausgeschlafen.

Der Strand ist wunderschön. Der Sand zwar nicht weiß und eher ein bisschen grau und das Wasser nicht glasklar und in der Ferne aquamarinblau sondern eher grau in grau, aber alles in allem ist es trotzdem wunderschön. Gleich am Anfang begegneten wir einer Gruppe Aras die sich gerade in die Lüfte erhoben. Paradiesisch: eine große Gruppe roter Vögel mit allen möglichen zusätzlichen Farben, neben Palmen, auf einem himmlischen Strand zu sehen. Das Wasser ist angenehm warm um die 26 Grad, wie ich vorher herausgefunden habe. Einfach herrlich. Die Hälfte der Zeit habe ich im Wasser verbracht und die andere Hälfte faulenzend am Strand oder beschäftigt damit, die Einwohner Costa Ricas zu verzaubern. Mit einigen anderen AFS Austauschschülern habe ich auch weiter Kontakt geknüpft. Ein Highlight für mich war, als ich einen Waschbären aus zwei Metern Entfernung fotografieren konnte. Er war eines der süßesten Tiere, die ich je gesehen habe und dann sogar noch in mehr oder weniger freier Wildbahn, auf einem Hotelgelände eben, der perfekte Lebensraum für einen Waschbären. Worauf ich mit frei hinaus will ist, dass er sich frei bewegen kann er wird also in keinen Käfig gesperrt und ist sozusagen auch ein Gast des Hotels, wenn auch ein ungebetener. Ein anderes Highlight waren die beiden Pelikane die direkt vor der Küste Fische gefangen haben. Zwei wirklich beeindruckende und berührende Ereignisse. Um halb vier am Nachmittag war die Zeit am Strand auch schon wieder um und wir sind zurück gefahren. Irgendwie schade, denn ich wäre gerne länger geblieben, aber das kann man leider nicht ändern, denn am nächsten Tag war auch schon wieder Schule.

Wie aufs Stichwort geht es auch schon mit dem nächsten Thema weiter: Schule. Ich habe letzte Woche ja bereits von meinem ersten Schultag erzählt, der war aber nicht so besonders aufregend und neu, weil wir ja in dieser Woche nur Tests hatten. Meinen richtigen ersten Schultag hatte ich also diesen Montag. Das war der erste Tag an dem ich regulär von sieben Uhr morgens bis um vier Uhr am Nachmittag Unterricht hatte. Ich habe es nicht so wahnsinnig aufregend gefunden, ich kannte ja schon einige meiner Klassenkameraden und einige Lehrer.

Schule im allgemeinen ist aber von Grund auf anders in Costa Rica. Erstens, und das ist euch sicher schon aufgefallen, fängt die Schule hier deutlich früher an als in Österreich. Ich habe mir das schrecklich vorgestellt, jeden Tag so früh aufstehen zu müssen, dann kalt zu duschen und so früh im Unterricht zu sitzen. Aber so schlimm ist das gar nicht. Das frühe Aufstehen hat sich bei mir wie von alleine geregelt, ich gehe eben schon um neun oder zehn am Abend schlafen, abhängig davon wie müde ich bin und dann ist es auch gar kein Drama so früh aus dem Bett zu kommen. Der zweite Punkt der nochmal ganz anders ist als bei uns, ist die Länge der Stunden. Eine Schulstunde ist in Costa Rica 40 Minuten lang. Jetzt werdet ihr euch wahrscheinlich denken, ja und ist ja gar nicht so großartig dieser Unterschied. Da kann ich euch aber nicht recht geben, denn der Unterschied ist enorm und zwar aus folgendem Grund. Während eine Stunde zwar nur 40 Minuten lang ist sind aber immer drei Stunden in einem Block. So ein Dreierblock hat dann also 120 Minuten und das ohne Pause. Stellt euch also eine längere Doppelstunde, ohne Pause vor. Das trifft so ziemlich einen Dreierblock wie wir ihn haben. Und ich zumindest finde das höllisch anstrengend. Meinen Mitschülern scheint es nichts auszumachen, anscheinend gewöhnt man sich daran, aber ich bin es definitiv noch nicht gewohnt. Der dritte und letzte Punkt der die Schulen grundlegend unterscheidet, sind die Lehrer. Während man bei uns immer höflich, freundlich und respektvoll zu den Lehrern sein muss, sind hier die Lehrer viel mehr Kumpel die einen bei seinem Lernprozess unterstützen. Bei manchen ist das zumindest so, bei anderen fehlt der Teil „beim Lernprozess unterstützen“. Wieder andere Lehrer sind gerade einmal anwesend, schreiben drei Arbeitsaufträge auf die Tafel und sind die restlichen 118 Minuten mit ihrem Handy beschäftigt. Das nennt man dann Unterricht.

Für mich persönlich ist so ein Unterricht aber natürlich ideal. Den Lehrer verstehe ich sowieso nicht, egal ob er redet oder nicht und wenn er nichts tut kann ich viel besser Spanisch lernen, indem ich versuche, mit meinen Klassenkameraden zu kommunizieren, oder ein bisschen zaubere. Mir gefällt meine Schule sehr gut, ich habe richtig nette Klassenkameraden, die versuchen mir so gut als möglich alles zu erklären und falls ich Spanisch einmal gar nicht verstehe funktioniert es auch notdürftig mit Englisch. Prinzipiell sollten alle ein bisschen Englisch können, viele tun dies aber entweder trotzdem nicht, oder trauen sich nicht zu sprechen. Ich verstehe das, ich bin ja auch nicht nach Costa Rica gekommen um ihnen Englisch beizubringen sondern um Spanisch zu lernen und genau das versuche ich zu tun.

Es gibt auch Neuigkeiten bezüglich des Essens. Mittlerweile esse ich nämlich mindestens das Doppelte von dem was ich normalerweise in Österreich esse. Wie mich meine Familie ernähren soll, wenn ich zurückkomme, bleibt mir ein Rätsel. Letztens hatte ich, zum Beispiel, nach zwei Toasts zum Frühstück, eine doppelte Portion vom Mittagessen, am Nachmittag, als Jause sozusagen, dann drei kleine Schüsseln Milchreis und zu Abend dann eine ausgiebige Portion Gallo Pinto (Reis mit Bohnen).

Ein weites erstaunliches Gericht das ich hatte war Lasagne. Vorweg muss ich vielleicht noch sagen, dass ich Lasagne wirklich liebe. Ich kann mir kaum etwas besseres vorstellen als die Lasagne zuhause von meiner Mama in Österreich. Sehr erstaunt und gespannt habe ich also die Lasagne hier probiert. Wie mir nämlich vorher mehrmals gesagt wurde, sollte ich jede neue Mahlzeit zumindest probieren und nicht von vornherein sagen, dass mir das nicht schmeckt. Gesagt getan. Und ich wurde tatsächlich überrascht. Hier verwendet man nämlich für die Lasagne keine Nudeln sondern ein Gemüse das so ähnlich ist wie eine Kartoffel. Es heißt Yuca und wird für die Lasagne püriert und mit Käse überbacken. Ich finde die Lasagne hier auch sehr gut, selbst wenn man sie nicht mit der italienischen vergleichen kann.

Bevor ich zu einem Ende komme möchte ich nur gerne erwähnen, dass wir hier keinen Geschirrspüler besitzen. Für einen Europäer mag das unvorstellbar klingen für mich war es im ersten Moment auch ein Schock. Von zuhause bin ich es nämlich gewohnt meinen Teller und das Besteck einfach in den Geschirrspüler zu stellen. Hier muss ich alles meistens selbst abwaschen. Aber irgendwie gefällt mir das auch. Es gehört zu einem simpleren Leben, für mich zumindest, irgendwie dazu und es ist wirklich keine große Sache einen Teller und einen Löffel oder eine Gabel abzuwaschen. Also ja es ist schon mehr Arbeit, aber ich finde es überhaupt nicht schlimm.

Und bevor ich mich jetzt endgültig verabschiede, muss ich noch sagen, dass ich es geschafft habe mich zu verkühlen. Ich bin immer mit kurzer Hose und kurzem T-Shirt hinausgegangen, wie man es sich in einem tropischen Land eben vorstellt, aber irgendwann war es aber wohl doch zu wenig. Ich muss sagen ich hatte schon länger mit einer verstopften Nase zu kämpfen, das hat mich aber nie weiter beunruhigt, ich habe das einfach auf die Luftfeuchtigkeit, oder sonst irgendetwas geschoben und mir keine weiteren Gedanken gemacht. Heute ist es dann aber doch ziemlich viel schlimmer geworden und mein Bruder meinte ich werde einfach nur verkühlt sein. Er hat mir also zwei Tabletten besorgt, ich habe mir die nötige Ruhe gegönnt und mittlerweile geht es mir schon etwas besser.

Weil es heute eh schon so viel ist, und ich den Schlaf für morgen dringend benötige, möchte ich auch gar nicht mehr schreiben, wünsche euch eine schöne letzte Ferienwoche, genießt sie, und startet dann nächste Woche frisch und mit neuer Energie in das nächste Schuljahr!

Ganz liebe Grüße aus Costa Rica und Pura Vida!

Timo