Privjet aus Ekaterinburg!

Ich bin für ein Semester in Russland. Da ich in der Schule Russisch gelernt habe, kann ich lesen, schreiben und mich vorstellen – und Russland ist groß, voller Bäume und Wiesen und Sterne. Was brauch ich noch?

Warmes Gewand. Okay, ich hab gedacht irgendwie geht das schon. Als ich am 25. August in Moskau angekommen bin, war es Mittag. Sonnenschein, klarer Himmel mit ein paar Schäfchenwolken und es war warm. Sehr warm.

Von Bäumen, Tee und russischem Essen

Julia und ich sind von Wien aus zusammen mit einer Schülerin aus Bosnien-Herzegowina angekommen. Julia ist auch aus Wien und sie verbringt ein Jahr in Klin, Russland. Die Stimmung unter den bereits anwesenden AFSern aus Thailand, Indonesien und den AFS-Freiwilligen aus Russland war freudig, erwartend und entspannt. In der etwa dreistündigen Busfahrt vom Flughafen zum Hotel haben wir VIELE Birken gesehen. Und Nadelbäume. Aber hauptsächlich Birken.

Später beim Abendessen hatte ich meine erste Tasse russischen Tee (ein bedeutsamer Moment).
Die offizielle Eröffnung am nächsten Tag war voller lauter Musik und tanzen. Die Koordinatorin von AFS Russland hielt eine Willkommensrede. AFS ist überall gleich verrückt, überall gleich fröhlich und überall gleich motiviert und die ganze Sache ist unglaublich motivierend und familiär. Die verschiedenen Aktivitäten waren Leute treffen, Namen merken, mit den Freiwilligen und Returnees über Russland lernen, AFS Regeln wiederholen und ein Russisch-Kurs. Der Tag war lang, er dauerte sogar offiziell bis 23:30 Uhr.

Frühstück war um 9:00 Uhr. Der zweite Tag war ruhiger, da sich jeder zumindest vom Sehen schon kannte. …Das Essen? Darüber kann man Gedichte schreiben.

Always bread and soup
potatoes everywhere
onions in borsch.

30 Stunden (und Fertignudeln) im Zug

Am 28. August fuhren wir aus dem Chapter (der Region) Ekaterinburg und ein paar andere AFSer aus der Blauen Zone am Vormittag mit dem Bus zum Bahnhof in Moskau. (Julia ist in der gelben Zone, in der Nähe von Moskau.) Die Fahrt zu den drei verschiedenen Bahnhöfen, die in Moskau nebeneinander liegen, war ca. eine Stunde lang, da nur wenig Verkehr war.

Die Zugfahrt selbst war 31 Stunden und 30 Minuten lang, aber nur die Region Ekaterinburg verbrachte eineinhalb Tage und eine Nacht im Zug – die anderen waren schon nach nur acht Stunden bei ihren Gastfamilien. Die russische Vorstellung von Distanz ist anders als in Europa, das steht schon mal fest. Immerhin braucht man zwölf Tage von einem Ende des Landes zum anderen. Im Zug ist es komplett normal mit fremden Leuten zu sprechen und Lebensgeschichten auszutauschen. (Es ist fast sowas wie eine Art Therapie – man sieht diese Menschen ja wahrscheinlich nie wieder.)

Wir aßen Fertignudeln. Im Zug gab es heißes Wasser. Natürlich. Das braucht man ja für Tee. Tee und Fertignudeln.

Wir erreichten Ekaterinburg um 22:00 Uhr Moskau Zeit (Mitternacht in Ekaterinburg). Die Gastfamilien warteten am Bahnsteig und uns wurde Brot und Salz gegeben – eine alte Tradition, die nicht nur im „Lied von Eis und Feuer“ (Game of Thrones von George R. R. Martin) weit verbreitet ist. Die nächtliche Stadt war natürlich sehr schön usw., aber nach über 30 Stunden im Zug will man eben nur eines: Schlafen.

Es gibt viele Bäume hier. Das mit dem Russischsprechen ist noch so ein kompliziertes Thema, aber das wird schon werden. Immerhin hab ich noch fünf Monate Zeit 🙂

Liebe Grüße aus Asien!!

Lea Lernpeiss