Im Jahr 2023 begaben sich acht Lehrkräfte aus verschiedenen Linzer Schulen auf ein besonderes Abenteuer: Sie nahmen am beinahe kostenfreien Lehrer:innenaustausch mit einer Partnerschule in den USA teil. Diesmal ging es für die Lehrkräfte in den US-Bundesstaat Pennsylvania. Marlene Pattinger und Dominik Luger vom Akademischen Gymnasium Linz, Vanessa Siegesleitner und Edith Pichler vom BORG Linz, Kerstin Atzmüller-Rieser und Johannes Wiesmeyr vom Europagymnasium Auhof sowie Corina Maresch und Johanna Brenn vom BRG Fadingerstraße berichten von ihrem tiefgreifenden interkulturellen Austausch:

Vorbereitung mit Global Competence Certificate

Bei einem Planungstreffen mit AFS-Koordinatorin Ingeborg Suppin-Fabisch wurden wir am 26. April 2023 zunächst über wichtige Details informiert –  über den Schulbezirk Greater Latrobe, Pennsylvania, sowie über unsere amerikanischen Kolleg:innen. Sowohl die amerikanischen als auch die österreichischen Teilnehmer:innen absolvierten das Global Competence Certificate, um optimal auf den interkulturellen Austausch vorbereitet zu sein und die Chancen sowie Herausforderungen zu erkunden. In dieser Online-Fortbildung standen wichtige Themen wie kulturelles Bewusstsein, Diversität und Toleranz im Fokus, während die Vorfreude auf das Abenteuer wuchs. Es bot sich auch die Möglichkeit, dass sich die Teilnehmer:innen bereits vor dem Austausch per Videokonferenz kennenlernten. Die amerikanischen Gastgeber:innen präsentierten ihr geplantes Programm in den USA, und wir begannen, den Aufenthalt für unsere US-Kolleg:innen vorzubereiten.

Von AUT nach USA: Eine Reise ins Unbekannte

Die Reise von Österreich in die USA begann am 25. Oktober 2023. Nach der Ankunft am Pittsburgh International Airport wurden wir von unseren Gastgeber:innen herzlich empfangen. In den folgenden Tagen tauchten wir aktiv in den Schulalltag der Greater Latrobe High School ein und erlebten die lebendige Vielfalt des amerikanischen Schulsystems. Dabei faszinierten uns die respektvolle und empathische Atmosphäre unter den Schüler:innen sowie die beeindruckende Infrastruktur und die Sicherheitsmaßnahmen – einschließlich der Anwesenheit bewaffneter Polizeikräfte. Auch die ständige Verfügbarkeit von Schulpsycholog:innen und der Fokus auf die mentale Gesundheit der Schüler:innen hinterließen einen positiven Eindruck.

Das Abenteuer beschränkte sich jedoch nicht nur auf das Schulgelände. Gemeinsame Ausflüge führten uns durch die Straßen von Latrobe und zu den kulturellen Schätzen der Region. Dabei erhielten wir sogar die Möglichkeit, das Bezirksgericht in Greensburg zu besuchen und einer Gerichtsverhandlung beizuwohnen. Selbstverständlich war auch der Tag in Washington DC mit einer unterhaltsamen Führung durch das Kapitol sehr beeindruckend. Besonders berührend empfanden wir den Besuch des Flight 93 Memorials, das an die Ereignisse des 11. Septembers 2001 erinnert. Unter den Landmarks of Pittsburgh stach besonders die Cathedral of Learning hervor, die Bildung auf universitärem Niveau in einer alternativen Umgebung ermöglicht. Dort wurden auch mehrere sogenannte Nationality Rooms besichtigt, unter anderem der österreichische. Dort ergab sich zufällig ein Austausch mit einem Deutsch sprechenden Professor, mit dem die Möglichkeit einer weiterführenden Zusammenarbeit auch in der Zukunft besprochen wurde.

Von USA nach AUT: Eintauchen in die österreichische Kultur

Der Gegenbesuch der amerikanischen Kolleg:innen in Linz vom 25. November bis 3. Dezember 2023 versprach ebenso spannend zu werden und bot Gelegenheit für weitere kulturelle Erfahrungen im Rahmen des Austauschprogramms. Besuche bei örtlichen Sehenswürdigkeiten wie der VOEST und der KZ Mauthausen-Gedenkstätte vertieften das Verständnis für die österreichische Geschichte.

Für die amerikanischen Lehrer:innen war es überraschend, wie bedeutend die öffentlichen Verkehrsmittel für Schüler:innen und Lehrer:innen in Österreich sind. Sie waren etwas verunsichert, ob es positiv oder negativ zu bewerten sei, dass bereits Volksschüler:innen in Österreich ganz selbstverständlich alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Auch dass unterschiedliche Wetterbedingungen, wie zum Beispiel Schneefall, den Schulalltag kaum beeinflussen, erstaunte die Lehrkräfte aus den USA.

Pädagogische Einblicke

Diskussionen über pädagogische Ansätze und Lehrmethoden sowie Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Bildungssystemen bereicherten den Austausch und inspirierten uns alle mit neuen Erkenntnissen. Als die Kolleg:innen aus den USA Schulen in Linz besuchten, bemerkten sie sofort die markanten Unterschiede. Hier öffnen die Schulen ihre Türen den ganzen Tag lang, ohne jegliche Kontrollen am Eingang oder Polizeipräsenz. Ein weiterer faszinierender Unterschied zeigte sich in der Organisation der Klassen und Klassenzimmer: Anders als in den Staaten wechseln die Lehrer:innen in Österreich die Räume, während die Schüler:innen in ihren Klassen bleiben – eine Dynamik, die intensive Diskussionen über die historischen Ursprünge dieses Systems entfachte.

Die Struktur der Schuldistrikte in den USA, die alle Schulstufen und -typen umfassen, steht im starken Kontrast zur Autonomie der einzelnen Schulen in Österreich, die ihre eigenen Profile und Lehrpläne festlegen. Diese Unterschiede spiegelten sich auch im Austauschverhalten zwischen den Schulen wider: Während in den amerikanischen Schuldistrikten ein vorgeschriebener Austausch zwischen den Schulen besteht, ist eine ähnliche Praxis in Österreich rechtlich nicht vorgesehen. Sogar in den kleinen Details des Alltags, wie dem Mittagessen, offenbarten sich Unterschiede: Während österreichische Schüler:innen ihre Mittagspausen nutzen, um außerhalb des Schulgeländes zu essen, bieten die Cafeterias in den USA das Mittagessen direkt an.

Die Vielfalt der Unterrichtsformen war ein weiteres spannendes Thema. Obwohl beide Systeme eine breite Palette an Unterrichtsmethoden nutzen, fiel auf, dass in den USA aufgrund des Kurssystems der Unterricht oft projektbezogener gestaltet wird. Dies ermöglicht den Schüler:innen, tiefer in einzelne Themen einzutauchen, geht aber auch mit gewissen Einschränkungen in der Allgemeinbildung einher. Diese Herausforderung sprach sowohl amerikanische als auch österreichische Kolleg:innen gleichermaßen an.

Der interkulturelle Austausch erwies sich als äußerst bereichernd. Die Begegnung mit unterschiedlichen Persönlichkeiten im Alltag erweiterte unseren Horizont und schuf eine Atmosphäre des Lernens und Wachsens. Die gegenseitigen Besuche in den Schulen und die lebhaften Diskussionen trugen zu einem pädagogischen Mehrwert bei, der sowohl Lehrer:innen als auch Schüler:innen inspirierte. Der Wunsch, mehr über das jeweils andere Land zu erfahren, wurde definitiv geweckt.

Das Abenteuer fand seinen Abschluss mit einem Abendessen im Restaurant „Schöne Perle“ in Wien, wo alle Teilnehmer:innen gemeinsam mit Generalsekretärin Birgit Maria Langeder die Erlebnisse und Erinnerungen dieser unvergesslichen Reise feierten.

Abschließend möchten wir AFS herzlich dafür danken, dass wir die Möglichkeit hatten, dieses unvergessliche Abenteuer zu erleben. Diese Reise hat nicht nur die Grenzen der Welt, sondern auch die Grenzen des Verständnisses und der Zusammenarbeit überwunden. Es war ein Erlebnis, das uns für immer verändern wird!