Liebe Freundinnen und Freunde im AFS,
Ernst Löschner, der als AFS-Austauschschüler das Schuljahr 1960-61 in den USA verbracht hat, ist am 3. Dezember 2024 im 92. Lebensjahr verstorben. Er hinterlässt ein Lebenswerk in Form des „Verein für aktive Gedenk- und Erinnerungskultur – Alpine Peace Crossing (APC)”. Ich möchte gerne denken, dass einer der Wurzeln seiner jahrzehntelangen Arbeit für dieses Anliegen eben dieses Erlebnis eines AFS-Auslandsjahres war.
Ernst wurde am 20. Mai 1943 in Schwarzach im Pongau im Bundesland Salzburg geboren. Salzburg blieb immer seine Herzens-Heimat, auch wenn er jahrelang als Bankexperte in den USA bei der Weltbank gearbeitet und globales Denken praktiziert hat. Zell am See, Salzburg und schließlich ab der Rückkehr aus den USA ab 1976 Wien waren seine österreichischen Wohnorte. 1968 hatten Ernst und Waltraud geheiratet, die Kinder Lisa, Sonja, Vivien und Lukas wurden ihnen geschenkt. Seine berufliche Karriere brachte ihn in verantwortungsvolle Positionen in einigen der prominentesten Banken Österreichs, wo er sich Respekt und vielfältige Anerkennung erwarb.
AFS war für Ernst stets mehr als ein Jugenderlebnis, war immer ein ernsthaftes Engagement, das ihm viele herzliche lebenslange Freundschaften einbrachte. Er hat immer Menschen berührt – jeder Mensch war für ihn interessant! – und auch im AFS zusammen gebracht.
Im Alpine Peace Crossing fand er seine Berufung: Wie viele Österreicher vertiefte er im Lauf der Jahre seinen Blick auf seine eigene Geschichte und die seiner Heimat – und da stand ihm der Exodus von 5.000 jüdischen Flüchtlingen von Saalfelden nach Israel im Jahr 1947, von dem jahrzehntelang keine (öffentliche) Rede war, immer wichtiger vor Augen. Nach vielen Gesprächen und Erkundungen – auch in den Bergen Salzburgs an der Grenze zu Italien – begann er 2007 mit den Alpine Peace Crossing Gedenkwanderungen vom Krimmler Tauernhaus über das Krimmler Joch nach Kasern im Ahrntal. Dies war die Route, wo die zwei Jahre nach Kriegsende immer noch in einem Lager in Saalfelden angesammelten meist staatenlosen Juden den Weg nach Palästina fanden, organisiert von einem genialen jüdischen Österreicher, Marko Feingold. Vom Ahrntal wurden diese Menschen, die mit nichts als ein paar Kleidern den Alpenhauptkamm in Gruppen zu 500 meist in der Nacht überschritten, nach Genua und von dort mit Schiffen nach Israel gebracht.
Diese erste größer aufgezogene Gedenkwanderung 60 Jahre danach führte zu immer tiefgehender Erfassung des Umgangs der Österreicher mit Juden sowohl unter der Nazi-Diktatur wie auch in der demokratisch wiedererstandenen Republik Österreich. 2011 wurde dann Alpine Peace Crossing als gemeinnütziger Verein neu gegründet. Eine zuvor kaum in dieser Ehrlichkeit und Direktheit praktizierte Annäherung an das jüdische Schicksal, aber auch jenes von Flüchtlingen in allen Zeiten und Ländern, wurde Teil einer größeren Bewegung des Erinnerns, Erziehens und Helfens.
Die Übergabe der Vereinsleitung an eine jüngere Generation zwischen 2019 und 2022 war eine Leistung, welche das Weiterleben des Flüchtlingsgedenkens sicherte – und Ernst Löschner für immer untrennbar mit bewusster Fürsorge und Erinnerung für Flüchtlinge unter allen Umständen verbunden hat.
Am 3. Dezember 2024, mitten im Leben seiner stets gewachsenen Familie stehend, ist er am Abend dieses für ihn erfüllten schönen Tages sanft entschlafen. Seine „Valdi“ ist ihm ein wenig vorausgegangen.
Ernst Löschner hat wahrlich den „AFS Spirit“, den er als Austauschschüler aufgenommen hat, als interkulturell Lernender wunderbar umgesetzt und verstärkt, insbesondere, aber nicht nur, im Alpine Peace Crossing. Lasst uns seiner stets wach gedenken.
In freundlicher Trauer,
Peter Prischl (AFS AUT-USA 1969-70)